Software-definierte Netze (SDN) können Netzwerke billiger und flexibler machen. Doch noch zögern die Admins und IT-Chefs mit der Anschaffung. Das liegt unter anderem daran, dass der Platzhirsch Cisco vehement dagegen ankämpft. Was kein Wunder ist, denn SDN könnte Ciscos 43 Milliarden-Geschäft glatt auf 22 Milliarden Dollar halbieren – und möglicherweise sogar in dieBedeutungslosigkeit versenken.
ACI soll SDN platt machen
Ciscos neue Waffe im Kampf gegen SDN heißt ACI und das steht für Application Centric Infrastructure. Inhaltlich geht es dabei um die Idee, alles das, was ein Software-gesteuertes Netzwerk kann, in Hardware zu packen – in proprietäre Cisco-Hardware versteht sich. Kernstück von ACI ist eine neue Serie an Nexus 9000 Switchen, die entweder auf dem bisherigen Nexus OS oder auf einem neuen ACI-Mode laufen. Ciscos ACI-Architektur enthält auch einen SDN-Controller, mit dem sich die Switches eines Rechenzentrumsnetzes wie ein geschlossenes Fabric verhalten. Damit lassen sich zehntausende an Ports von einem einzigen zentralen Punkt aus verwalten. Der Knackpunkt: Es müssen alles Cisco-Geräte sein. Wer sein Rechenzentrum darauf umstellen will, muss alle vorhandenen, meistens noch gut funktionierenden Switches ersetzen – ein beachtlicher Businesstrick!
Spott von Analysten und Konkurrenten
Entsprechend höhnisch waren die Kommentare von Analysten und der Konkurrenz. “Ein geschlossenes Fabric macht das Netzwerk zwar agiler, doch die Kunden müssen dazu neue Switches kaufen, unabhängig davon, ob sie diese benötigen oder nicht”, sagte Gartner-Analyst Andrew Lerner gegenüber der EE Times. HPs CTO Dave Larson war noch deutlicher. “Cisco ignoriert erneut die SDN-Bewegung, stattdessen schaffen sie jetzt ein Hardware-definiertes Netz (HDN), das die Kunden in proprietäre Technologien einsperrt und ihnen die dramatischen SDN-Vorteile, wie Vereinfachung, Automation und Anwendungs-Entwicklung vorenthält”, sagte er gegenüber eWeek. Ähnlich war der Kommentar von VMware. “ACI ist eine Hardware-definierte Software – sie ist weder flexibel noch nützlich”, sagte Chris King, Vice President für VMwares Netzwerk-Technologie, ebenfalls der eWeek.
Cisco hält dagegen, dass VMwares virtuelle Netzwerklösung NSX am Ende viel zu teuer wird, da darin noch eine versteckte “Gebühr pro virtueller Maschine”, anfallen wird. Doch das lässt King nicht gelten: “Das ist alles reine Spekulation. Wir haben noch gar keine Preise für NSX bekannt bekannt gegeben – und Cisco hat auch noch keine Preise für seine ACI-Netzwerktechnologie veröffentlicht. Wie kann man da von Preisunterschieden reden?”
SDN zerstört Ciscos Cashcow
Bei HP hat man eine Lösung für Ciscos-Netzprobleme parat. “Cisco muss ganz einfach nur die vorhandenen Standards akzeptieren, sodass eine heterogene Multivendor-Umgebung unterstützt wird”, sagte HPs Marketing-Chef Mike Banic bei dem Insiderblatt Search SDN. Doch das ist genau das, was Cisco am meisten fürchtet. So berichtete Business Insider, dass Cisco-Chef John Chambers sein Topmanagement befragt habe, welche Auswirkungen SDN und eine offene Netzwerktechnologie für das Unternehmen haben werden. “Ein Einbruch von 43 Milliarden auf 22 Milliarden Dollar” sei das Ergebnis gewesen. Die Analysten von Credit Suisse haben einen 120-Seiten starken Bericht über Cisco und SDN verfasst. Kernaussage: “Die Bedrohung ist real und es wird schrumpfende Gewinne geben. Ciscos Umsatz ist in einer bedrohlichen Position – egal ob man in der SDN-Welt erfolgreich sein wird oder nicht.
Insofern sind Ciscos massive Anstrengungen zur Abwehr von SDN nachvollziehbar. Aber es ist ein Kampf, der nicht mehr gewonnen werden kann. Mit HP, Dell, Juniper, VMware, Brocade und vielen anderen ist der SDN-Zug bereits voll unter Dampf und nicht mehr zu stoppen. Da hilft auch das letzte Aufbäumen mit ACI nichts mehr.
